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Wir fragen nach zur Männergesundheit

Wir möchten sichtbarer machen, wer sich bereits im Bereich der Männergesundheit engagiert. Daher haben wir Verbandsvertreter, Wissenschaftler, Politiker und Medienschaffende angeschrieben und stellen ihnen fünf Fragen zur Männergesundheit.

1. Was verbindet Sie mit dem Thema Männergesundheit?

2. Was ist der Schlüssel zur Verbesserung der Männergesundheit?

3. Benötigt Deutschland eine offizielle Männergesundheitsstrategie?

4. Wo sollten wir als Stiftung Männergesundheit uns stärker engagieren? Was wären die wichtigsten Themen?

5. Wie könnten wir als Stiftung Männergesundheit sichtbarer werden?

In den nächsten Wochen und Monaten werden Sie regelmäßig neue Antworten auf unsere Fragen lesen. Damit verbinden wir immer auch eine kurze Vorstellung der Person beziehungsweise der Institution, der sie vorsteht.

Hinweis: Damit unsere Seite übersichtlich bleibt, haben wir die Antworten zunächst ausgeblendet. Klicken Sie bei "Fragen und Antworten von..." einfach auf das Pluszeichen ganz rechts und alle Fragen und Antworten werden Ihnen eingeblendet.

Peter Stawowy - Journalist und Medienberater

Peter Stawowy ist Journalist, Medienberater und Blogger und lebt und arbeitet in Dresden. 2022 gründete der Vater von drei Söhnen das Lifestyle-Magazin 7VIERZIG.de, das gedruckt, als Podcast und als Online-Magazin erscheint. In dem Medium für Männer im mittleren Alter befasst er sich mit der Lebensphase, die ihn selbst völlig überrascht hat. 7VIERZIG berichtet selbstkritisch, oft mit einem Augenzwinkern und viel Humor über Männer zwischen 35 und 55+ Jahren und den existenziellen Fragen, die sie sich stellen. Mit Beiträgen, Ratgeber-Texten, Reportagen, Interviews und Kolumnen hilft 7VIERZIG Männern und ihren Freunden und Angehörigen dabei, diese Lebensphase besser zu verstehen. Daneben ist er Hochschuldozent und betreibt das Medienmagazin „Flurfunk“.

Was verbindet Sie mit dem Thema Männergesundheit?

Zuerst einmal Schlagwörter wie Burn-out, Prostata und kürzere Lebenserwartung. Die Knie zicken und die Augen werden schlechter… Zum Glück betrifft mich das nicht! ;-) Ehrlich: Gäbe es die Stiftung Männergesundheit nicht, hätte ich mich wohl nie mit dem Thema beschäftigt.

Was ist der Schlüssel zur Verbesserung der Männergesundheit?

Das immer noch weit verbreitete, völlig falsche Bild von „Männlichkeit“. Ich bin auch noch so groß geworden: Ein Mann jammert und weint nicht, er opfert sich für die Familie und den Job. Dass das totaler Murks ist, habe ich erst sehr spät im Leben gelernt.

Braucht Deutschland eine offizielle Männergesundheitsstrategie?

Das würde vielen Menschen viel Leid ersparen. Und wäre dazu volkswirtschaftlich sicherlich sinnvoll!

Wo sollten wir als Stiftung Männergesundheit uns stärker engagieren? Was wären die wichtigsten Themen?

Mir hätte gern jemand deutlich früher im Leben sagen können, dass da ab Mitte 40 eine, sagen wir: interessante Lebensphase auf mich zukommt. Warum hat mich eigentlich niemand gewarnt!?

Wie könnten wir als Stiftung Männergesundheit sichtbarer werden?

In meinen Beratungsmandaten und Workshops predige ich immer diesen Vierklang: Sex, Skandal, Konflikt und Prominenz. Bedienen wir alle vier, sind wir überall auf Seite 1! Im Ernst: Der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit ist heute gigantisch. Dazu kommt, dass sich die meisten Menschen nur sehr ungern mit dem Thema Gesundheit befassen – sie blenden das lieber aus. Warnungen und Ermahnungen kommen also nicht an, eine positive Herangehensweise ist empfehlenswert. Und, ich habe es gerade bei meinem eigenen Magazin gelernt: Der Schlüssel zum Mann ist häufig die Partnerin oder der Partner.

Ralf Bönt - Schriftsteller

Ralf Bönt ist Schriftsteller und Physiker. Seine Romane, Essays und Kurzgeschichten befassen sich oft mit Wissenschaft, Technik und gesellschaftlichen Fragen. Mit "Die Entdeckung des Lichts" schaffte er es 2009 auf die Spiegel-Bestsellerliste. Mit seinem Essay "Das entehrte Geschlecht" stieß er eine öffentliche Debatte über Männlichkeit und Gleichberechtigung an. Daneben schreibt er für zahlreiche Zeitungen und Magazine wie die Süddeutsche Zeitung, FAZ oder Telepolis. Bönt lebt und arbeitet in Berlin.

Hinweis: Die Fragen und Antworten können Sie über das + neben "Fragen und Antworten von Ralf Bönt" einblenden.

Fragen und Antworten von Ralf Bönt

Was verbindet Sie mit dem Thema Männergesundheit?

Ich habe früh im Leben verstanden, dass Jungen und Männer nicht jene Aufmerksamkeit bekommen, die Mädchen und Frauen selbstverständlich entgegengebracht wird. Das Arche-Noah-Paradox: Es ist günstiger, neun Frauen und einen Mann aufs Floß zu holen, wenn man zehn Menschen retten kann, als umgekehrt, verstand ich erst viel später.

Wo liegt der Schlüssel zur Verbesserung der Männergesundheit?

Eine neu verstandene Männlichkeit jenseits vom Werkzeug der Gesellschaft, das Wohlstand für alle schafft. Es sollte die Regel des abstürzenden Flugzeugs gelten: Kümmere dich erst um dich selbst, dann um andere.

Benötigt Deutschland eine offizielle Männergesundheitsstrategie?

Absolut, dringend!

Wo sollten wir als Stiftung Männergesundheit uns stärker engagieren? Was wären die wichtigsten Themen?

Ich wünsche mir seit Langem eine öffentliche Kampagne für männliche Verletzbarkeit. TV - Clips vor den Nachrichten. Das würde in der Folge bei der Entschärfung zentraler Probleme wie Gewalt gegen Frauen oder militanten Nationalismus helfen.

Wie könnten wir als Stiftung Männergesundheit sichtbarer werden?

Nach 15 Jahren öffentlicher Debatte würde ich sagen:
... Frauen anhalten, sich für männliche Belange zu interessieren.
... Homosexuelle überzeugen, dass die meisten ihrer Probleme solche der Wahrnehmung von Männlichkeit sind, nicht die der Homosexualität. George Floyd ist zuerst ein Opfer des Sexismus, dann des Rassismus, denn die Szene ist mit Frauen undenkbar. Sexismus gegen und unter Männern ist ein Tabu.  
... brauchen wir mehr öffentlichen Streit unter Männern zu diesen Themen. Etwa zwischen Benjamin Tallis und Ole Nymoen. Das hat Nachrichtenwert.

Prof. Dr. Michael Klein - Männerpsychologe

Prof. Dr. Michael Klein ist klinischer Psychologe und psychologischer Psychotherapeut, Experte für Männer und psychische Störungen, insbesondere psychosomatische Erkrankungen, Suchtkrankheiten, Persönlichkeitsstörungen und Depression. Er betreibt die Internetseiten www.mens-mental-health.de und www.maennerpsychologie.de. Lange Jahre war er Professor für klinische und Sozialpsychologie an der „Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen“ und Mitherausgeber der Zeitschrift „Suchttherapie“.

Fragen und Antworten von Dr. Michael Klein

Was verbindet Sie mit dem Thema Männergesundheit?

Ich bin mit dem Thema Männergesundheit seit vielen Jahren verbunden, mit dem Schwerpunkt auf der psychischen Gesundheit von Männern. Erst als leitender Psychologe einer Suchtklinik für Männer, dann an der Hochschule in Forschung und Lehre und schließlich als niedergelassener Psychotherapeut mit dem Schwerpunkt auf Psychotherapie für Männer.

Wo liegt der Schlüssel zur Verbesserung der Männergesundheit?

Der Schlüssel sind zunächst die Männer selbst. Sie sollten mehr Bewusstsein und Selbstfürsorge. Auch Frauen spielen da eine wichtige Rolle, als Mütter und Partnerinnen vor allem. Aber natürlich ist auch die ganze Gesellschaft gefordert, positiver und freundlicher Männern gegenüber zu werden und sie nicht automatisch als toxisch und negativ zu stigmatisieren. Dies betrifft besonders die Politik und die Leitmedien.

Benötigt Deutschland eine offizielle Männergesundheitsstrategie?

Das wäre von großem Vorteil, vor allem für die vielen Jungen, die mit psychischen Problemen zu kämpfen haben und die älteren Männer, bei denen es um Einsamkeit, Sucht und Depression geht. Aber auch für eine Kultur der Prävention und Gesundheitserziehung sollten jungen- und männerspezifische Gesundheitsthemen viel stärker als bislang Beachtung finden.

Wo sollten wir als Stiftung Männergesundheit uns stärker engagieren? Was wären die wichtigsten Themen?

Sie tun ja schon eine ganze Menge. Wenn Sie hoffentlich einmal mehr Förderung und Unterstützung erhalten, steht für mich an erster Stelle die Bewusstmachung („Awareness“) für männerspezifische Themen. Ganz besonders geht es für mich dann um Wohlbefinden, Partnerschaftlichkeit und die Vaterrolle, um auch deren gesundheitliche Implikationen zu sehen.

Wie könnten wir als Stiftung Männergesundheit sichtbarer werden?

Es wäre von großem Vorteil, wenn die Stiftung Männergesundheit stärker alltagsnah und niedrigschwellig präsent ist. Ich denke hierbei an Hausarztpraxen, Schulen, Universitäten, Fitnessstudios, Discounter, aber auch Internetportale rund um das Thema Gesundheit, Prävention und Gesellschaft. Die Gesellschaft muss mit einem stärkeren Bewusstsein für die Bedeutung von Männergesundheit durchdrungen werden.

 

Dag Schölper - Geschaftsführer Bundesforum Männer

Dr. Dag Schölper ist Politikwissenschaftler und seit 2013 Geschäftsführer des Bundesforums Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter e.V..

Das BFM ist ein Dachverband von 38 Organisationen in Deutschland. Kernanliegen ist die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Das BFM macht die Vielfalt der Interessen und Bedarfe von Jungen, Männern und Vätern sichtbar und bringt diese in die Gleichstellungspolitik ein. Das BFM vernetzt Fachleute und bündelt das Know-how der Männlichkeitsforschung sowie der Jungen-, Männer- und Väterarbeit.

Das BFM positioniert sich an der Seite von frauen- und gleichstellungspolitischen Organisationen und ist Verbündeter gegen Diskriminierung und strukturelle Benachteiligung.

Fragen und Antworten von Dag Schölper

Was verbindet Sie mit dem Thema Männergesundheit?

Mein Augenmerk liegt auf dem Bereich der Angehörigenpflege. Dabei geht es mir um beide Seiten der "Pflege-Medaille": Männer, die pflegen, und Männer, die gepflegt werden. Beides wird gesundheitspolitisch noch zu wenig wahrgenommen. Dabei ist es bereits fünf nach zwölf angesichts der demografischen Entwicklungen. Wir brauchen unbedingt Rahmenbedingungen, die es berufstätigen Männern erleichtern, Pflegeverantwortung für Nahestende zu übernehmen, ohne aus dem Beruf aussteigen zu müssen. Noch viel zu wenig wird danach gefragt, wie sich eigentlich Männer, die der Pflege bedürfen, wünschen und vorstellen, wie und von wem das übernommen werden soll. Das ist für die Angehörigenpflege wie die professionelle Pflege aber immens relevant.

Wo liegt der Schlüssel zur Verbesserung der Männergesundheit?

Ein wichtiger Schlüssel zur Verbesserung der Männergesundheit liegt tatsächlich in der Überwindung von Männlichkeitsstereotypen, wie z. B. stark, unabhängig und unverwundbar sein müssen, die oft einen selbstverleugnenden und selbstdestruktiven Lebensstil fördern. Diese Stereotypen können dazu führen, dass Männer ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle ignorieren, um den Erwartungen gerecht zu werden. Männer sollten ermutigt werden, offen über ihre Gefühle und Probleme zu sprechen. Dies fördert auch den eigenen Zugang zu ihren Emotionen und ist entscheidend für die psychische Gesundheit.

Benötigt Deutschland eine offizielle Männergesundheitsstrategie?

Ja – unbedingt. Dazu gehört auch eine regelmäßige „offizielle“ Männergesundheitsberichterstattung, wie auch eine Maßnahmenanpassung im Bereich des PrävG. Hier müssen an Jungen und Männern ausgerichtete Maßnahmen verbindlich gestärkt werden, die beispielsweise auf eine Reduzierung im Konsum von Zucker (Diabetes mellitus Typ 2), Tabak, Alkohol zielen. Dabei darf es aber nicht um eine Politik des erhobenen Zeigefingers gehen, sondern muss konsum-industriepolitisch gehandelt werden. Ferner sind Männer als Risikogruppen im Bereich depressiver Erkrankungen besser zu adressieren und vor allem muss hier eine Entstigmatisierung befördert werden. Hier sind ebenfalls arbeitsgesundheitliche Bedingungen in den Blick zu nehmen, um Bewegungsmangel und einseitige Belastungen, Stress und/oder Langeweile, aber auch hier: ungesunder Ernährung entgegenzuwirken.

Wo sollten wir als Stiftung Männergesundheit uns stärker engagieren? Was wären die wichtigsten Themen?

Betriebliche Männergesundheit gerade für Berufe in Produktion, Handwerk, Verkehr. Es ist wichtig, den Zusammenhang zwischen traditionellen Geschlechterrollen, Männlichkeitsanforderungen und Männergesundheit hervorzuheben, in allen Bereichen der Gesundheitspolitik, aber auch insbesondere in Erwerbsarbeitsbereichen, wie z. B. im Handwerks-, Industrie- oder Verkehrsbereich. Diese Bereiche sind oft stark von traditionellen Männlichkeitsbildern geprägt, die riskantes Verhalten und die Vernachlässigung der eigenen Gesundheit fördern.

Wie könnten wir als Stiftung Männergesundheit sichtbarer werden?

Ich denke vor allem hörbarer: durch Podcasts.