Peter S. aus Gera
Mein Name ist Peter S., ich lebe in Gera im Bundesland Thüringen.
Mein Berufsleben als Arbeiter hat vor Kurzem geendet. Langeweile habe ich nie zugelassen, meine Freizeit habe ich immer pflichtbewusst ausgefüllt durch meine vielen großen und kleinen Interessen, die in den verschiedensten Projekten ihre Anwendung finden.
Ich bin jemand, den man vielleicht als schwermütig beschreiben würde. So etwas fällt einem selbst nicht auf. Das es diese Beschreibung auf mich zutrifft, habe ich erst durch die Menschen in meinem Umfeld erkannt.
Das Gefühl der Schwermut begleitet mich eigentlich seit meiner Kindheit. Einmal saß ich mit meinem Vater auf dem Kirschbaum, wir unterhielten uns und ich fragte meinen Vater nach dem großen Sinn des oft beschwerlichen, anstrengenden und dann doch endlichen Lebens.
Mein Vater antwortete mir: ,,Der Sinn des Lebens ist zum Beispiel, dass wir auf dem Baum sitzen und Kirschen essen können.“
Mit 30 Jahren habe ich mich zum ersten Mal wirklich mit Depressionen auseinandergesetzt und diese Krankheit auch in meinem Leben wahrgenommen. Zu dieser Zeit wurde ich mit Themen wie Tod und beruflichen Schwierigkeiten konfrontiert. Es gab zwar oft Gründe für meine Traurigkeit, aber das Gefühl der Traurigkeit blieb auch, als in meinem Leben alles ,,in Ordnung“ war.
Das Thema Depression war mir nicht bekannt, bis ein Arzt mich darauf aufmerksam machte. Es gibt genügend Literatur, um sich gut in das Thema einzulesen und das tat ich fleißig. Offensichtlich liegt die Hauptursache von Depressionen in durcheinander geratener Körperchemie , die mit Hilfe von Medikamenten in Ordnung gebracht werden kann.
Über einen längeren Zeitraum nahm ich aus diesem Grund Psychopharmaka, jedoch erzielten diese bei mir nicht den gewünschten Erfolg.
Der heutige Stand ist so, dass ich keinesfalls geheilt bin und oft Attacken im Kopf ertragen muss. Ich bin heute 65 Jahre alt, vollständig geheilt bin ich von meinen Depressionen nicht, aber ich habe viel Erfahrung mit der Krankheit.
Was mich am Leben gehalten hat ist das Wissen, dass es sich wirklich um eine Krankheit handelt, mit Höhen und Tiefen. Meine depressiven Phasen sind nur von einer bestimmten Dauer, sie kommen, aber verschwinden dann auch wieder. Mit diesem Wissen kann ich erneuten Schüben gelassener gegenüberstehen, denn auch sie werden vorübergehen.
Für mich habe ich erkannt, dass ich eine Lebensweise benötige, in der nicht zu viel Langeweile entstehen kann. Ein Hobby reicht mir nicht. Die Offenheit für neue, vielfältige Themen und Projekte bieten mir eine große Auswahl an Betätigungsmöglichkeiten und das erzeugt bei mir ein schönes Lebensgefühl.
Depression belastet das Leben zweifellos sehr schwer, deshalb ist es gut, wenn es oft genug Gelegenheiten gibt, um Kirschen zu essen.